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Foto: Büro Stadler
Die Diskutanten (v. l.) Michael Braungart, Carsten Träger und Muriel Herrmann

19. September 2018: "Eine Welt ohne Müll ist möglich"

Wenn es nach Prof. Dr. Michael Braungart geht, können wir das Müll machen aufgeben. Der Entwickler des Cradle to Cradle-Konzepts hält eine Welt ohne Müll für möglich. Das untermauerte er jetzt auf der von Svenja Stadler initiierten Diskussionsveranstaltung „Müll vermeiden statt wegwerfen“ in der Johann-Peter-Eckermann-Realschule in Winsen.
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Svenja Stadler (r.) moderierte den Austausch.

Neben Braungart diskutierten Carsten Träger, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, und Muriel Herrmann, Jugendbildungsreferentin von JANUN e.V., über Auswege aus der Wegwerfgesellschaft. „Wir müssen von Anfang an Produkte so konzipieren, dass sie komplett abbaubar in die Biosphäre gelangen können“, warb Braungart für Cradle to Cradle. Das gelte zum Beispiel für Schuhsohlen, Bremsbeläge oder Nylonstrümpfe. „Es geht nicht um Abfallvermeidung, sondern um Öko-Effektivität.“

Carsten Träger, der unter anderem die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung begleitet, konnte dem Konzept viel abgewinnen, machte aber ebenso klar, dass es einer starken politischen Meinungs- und Mehrheitsbildung bedarf, um ein solches System wirtschaftlich und gesellschaftlich durchzusetzen. „Wir können nicht einfach aufhören Müllverbrennungsanlagen zu bauen.“ Auf der politischen Ebene sei schon viel getan worden und werde weiterhin viel getan. „Beispielsweise tritt kommendes Jahr das neue Verpackungsgesetz in Kraft, mit dem die Recycling-Quoten weiter erhöht werden“, so Träger. „Es ist nicht alles schlecht, aber es dauert halt.“

Muriel Herrmann fand die Grundidee von Braungarts Lösungsvorschlag sehr gut, fragte aber, wie man dahin komme. „Ich befürchte, dass dazu im Endeffekt ein zu großes Regelwerk nötig wird. Wichtig bleibt allerdings, dass wir das Ziel – weniger Müll – nicht aus den Augen verlieren.“ Leicht zweifelnd blieb Herrmann ferner gegenüber Cradle to Cradle als Allheilmittel: „Es kann doch nicht alles sein, Produkte lediglich anders zu designen.“

Dass sich das Denken erst einmal ändern muss, das sieht auch Michael Braungart. Der Leuphana-Professor ergänzt seinen Ansatz durch eine weitere Komponente: „Wir sollten bestimmte Produkte als Dienstleitung ansehen. Der Hersteller verkauft nicht mehr ein Gerät, sondern die Nutzung inklusive Wartung und Reparatur.“ Man kaufe also zum Beispiel 3.000 Waschmaschinengänge. „Das zwingt die Hersteller zu besserer Qualität und längerer Haltbarkeit der Ware.“

Unter den Gästen der Veranstaltung stießen die Braungartschen Lösungsvorschläge auf viel Beifall. Unterdessen blieb die Skepsis, dass sich da zeitnah etwas tun würde. Es fehle am vernetzten Denken, am Willen, einen gewaltigen Strukturwandel zu vollziehen, und genauso an der Durchsetzungskraft der Entscheidungsträger, so der Tenor. „Politik wird das nicht alleine gestalten können. Die Industrie muss mitspielen“, konstatierte Svenja Stadler. „Bei all dem dürfen wir die soziale Dimension nicht außer Acht lassen“, so Muriel Herrmann. „Der notwendige Strukturwandel wird Kosten verursachen und wir müssen aufpassen, dass diese nicht gänzlich auf den Schultern der Verbraucher landen.“

„Keine Frage, das Ökonomische und Ökologische muss gemeinsam gedacht werden“, sagte Carsten Träger, und kündigte an, die Cradle to Cradle-Idee in seinen Ressorts im Bundestag diskutieren zu lassen. Dass echte Innovationen Zeit brauchen, ist für Michael Braungart, der vor rund 30 Jahren sein Konzept erstmals präsentierte, vollkommen klar. 2040 oder 2050 wird sich seine Idee der Müllvermeidung durchgesetzt haben, ist er sich sicher.

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